Schmerzen im Bereich der Schulter führen meist zu einer starken Beeinträchtigung der Lebensqualität.
Der physikalisch-medizinischen Therapie und der physiotherapeutischen Heilgymnastik kommt in der Therapie kleinerer Verletzungen eine entscheidende Rolle zu.
Bei größeren Verletzungen oder Rissen der Rotatorenmanschette ist eine chirurgische Sanierung unumgänglich.
Schulterbeschwerden sind unterschiedlichster Natur und können durch Unfälle, Abnützungserscheinungen im Rahmen des normalen Alterungsprozesses, bei Funktionsstörungen, durch entzündliche Prozesse, pathologische Veränderungen an der Halswirbelsäule und in seltenen Fällen auch durch Tumorerkrankungen hervorgerufen werden.
Funktionale Disharmonien
Die anatomische Beschaffenheit des Schultergelenkes, als Kugelgelenk mit einer relativ kleinen Pfanne verstärkt durch einen Faserring, das Labrum, und einem verhältnismäßig großen Oberarmkopf, erlaubt ein hohes Maß an Beweglichkeit in allen drei Ebenen des Raumes. Dabei ist das knöcherne Gerüst aus Schulterblatt, Oberarm, Schlüsselbein und Wirbelsäule durch Bänder und Sehnen miteinander und am Oberkörper verbunden. Die zugehörigen Muskeln, die Rotatorenmanschette, und kräftigere Muskeln, wie der Kappen- oder große und kleine Brustmuskel, ermöglichen bei gutem Zusammenspiel ein harmonisches Bewegungsmuster.
Eine Vielzahl an Erkrankungen im Schulterbereich hat ihre Ursache in einer Störung dieses sogenannten scapulo-thorakalen Rhythmus. Länger bestehende Disharmonien der Funktion der Schultermuskulatur können schließlich auch zu strukturellen Schäden der zugehörigen Sehnen und des Kapsel-Band-Apparates führen.
Die funktionellen Störungen und häufig auch anatomisch unterschiedlich ausgeprägte Varianten des knöchernen Schulterdaches, wie zum Beispiel das hakenförmige Schulterdach, können dann zu einem sogenannten Impingementsyndrom führen. Bei dieser Form der Erkrankung kommt es zum Einklemmen von Strukturen unter dem Schulterdach, was vor allem bei Überkopftätigkeit zu erheblichen Schmerzen führen kann. Häufig führt diese Einklemmungssymptomatik dann auch zu einer Entzündung der Gleitschichten zwischen Sehne und Muskel, der sogenannten Bursitis. Diese Schleimbeutelentzündung ist häufig auch gekennzeichnet durch Nachtschmerzen. Länger anhaltende Einklemmungssymptomatiken können schließlich vor allem bei älteren Patienten zu einer Schädigung oder einem Abriss von Teilen der Sehnen der Rotatorenmanschette führen. Diese Abrisse wiederum führen zu einer mehr oder weniger stark ausgeprägten Störung der Schulterfunktion, mit Schwäche bei Überkopfarbeiten bis hin zum völligen Verlust der Funktion der oberen Extremität (Pseudoparalyse; Drop arm sign). Selbstverständlich sind solche Verletzungen auch im Rahmen von Unfällen möglich.
Konservative Therapie
Kleinere Verletzungen der Rotatorenmanschette oder Einklemmungssymptomatiken im Frühstadium sollten in erster Linie konservativ behandelt werden. Dabei kommt der physikalisch-medizinischen Therapie und der physiotherapeutischen Heilgymnastik eine entscheidende Rolle zu. So konnte eine rezente Studie zeigen, dass bei einem Drittel aller Patienten, die bereits zu einer Operation mit der Diagnose Impingement angemeldet waren, durch eine physiotherapeutisch begleitete Eigentherapie auf eine operative Sanierung verzichtet werden konnte. Weitere konservative Therapiemaßnahmen des Impingementsyndroms umfassen die medikamentöse Therapie mit antiphlogistischen und antirheumatischen Medikamenten oder auch infiltrative Therapie mit Cortison und Lokalanästhetika in den Subacromialraum.
Arthroskopische Operation
Sollten diese Bemühungen zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis für den Patienten führen, kann mit einer arthroskopischen Operation die Ursache für die Einklemmung mit der sogenannten Acromionplastik, das heißt Abfräsen der überstehenden Knochenteile und Entfernung des entzündeten Schleimbeutels, eine anhaltende Beschwerdebesserung erreicht werden. Bei größeren Verletzungen oder Rissen der Rotatorenmanschette, die häufig auch mit einer erheblichen Funktionseinschränkung einhergehen, ist eine chirurgische Sanierung unumgänglich. Die meisten operativen Verfahren an der Schulter können heute in Händen erfahrener Schulterchirurgen minimalinvasiv in der Knopflochtechnik durchgeführt werden. Dabei werden die gerissenen Anteile der Sehne mit Knochenankern wie Schrauben aus Titan, Kunststoff oder organischen Materialien und sehr reißfesten Fäden wieder an ihrem Ursprungsort befestigt. Nach einer entsprechenden Ruhigstellungsphase mit dem sogenannten Abduktionspolster oder Immobilisationsbandagen kommt es schließlich zu einer Anheilung der Sehne an dem ursprünglichen Knochen und damit zum Wiedererlangen der vollen Schulterfunktion.
Chronische Schulterluxation
Eine weiterer Symptomenkomplex, der vor allem infolge von Unfällen mit Ausrenkung des Schultergelenkes auftritt, ist die chronische Schulterluxation. Dabei kommt es meist nach entsprechendem Trauma zu einer immer wiederkehrenden Ausrenkung oder sogenannten Subluxation, der krankhaft erhöhten Beweglichkeit des Oberarmkopfes im Schultergelenk. Es gibt auch seltenere angeborene Formen, die sogenannte habituelle Schulterluxation, bei der aufgrund von Schwäche der Gelenkskapsel und verstärkenden Bändern eine Ausrenkung der Schulter auch ohne entsprechenden vorangegangenen Unfall beobachtet wird. Vor allem bei Kontaktsportarten oder Überkopfsportlern kommt es immer wieder zu solchen Schulterverletzungen. Besonders gefährdet zeigen sich dabei Sportarten wie Fußball, Handball, Eishockey, aber auch Tennis oder Volleyball.
Eine erstmalig aufgetretene Ausrenkung der Schulter kann nach operativer oder sogenannter gedeckter Reposition mit einer drei- bis sechswöchigen Ruhigstellung behandelt werden. Sollte diese Therapie jedoch erfolglos bleiben, ist eine chirurgische Versorgung unumgänglich, vor allem bei jungen und sportlich sehr aktiven Patienten wird diese empfohlen. Dabei werden abgerissene Teile der Gelenkslippe und Gelenkskapsel wieder an der Pfanne refixiert. Bei größeren Schäden am knöchernen Pfannenlager müssen größere chirurgische Eingriffe mit Befestigung eines Knochenblockes an die Gelenkspfanne erfolgen.
Auch diese operativen Techniken können heute in Händen erfahrener Schulterchirurgen minimalinvasiv arthroskopisch durchgeführt werden. Dabei stellt eine der erfolgreichsten Methoden die sogenannte Latarjet/Lafosse-Operation dar, bei der ein Teil des Schulterblatts gemeinsam mit Sehnen des Oberarms an die Gelenkspfanne mit Schrauben befestigt wird und damit sehr stabile Verhältnisse im Schultergelenk geschaffen werden können.
Ausblick
In Zukunft wird sicherlich der Einsatz der früh physiotherapeutischen Therapiemaßnahmen eine Verbesserung in der Behandlung von Schulterbeschwerden einen hohen Stellenwert einnehmen. Weiter sind Verbesserungen im Bereich der arthroskopischen Schulterchirurgie zu erwarten, sodass vor allem im Bereich der degenerativen und posttraumatischen Schultererkrankungen minimalinvasive Operationen zur Verfügung stehen werden. Auch Weiterentwicklungen im Bereich der endoprothetischen Versorgung mit neuen Materialien und Prothesendesigns werden in Zukunft zu einem breiteren Einsatz der Schulterendoprothetik und hoffentlich zu ähnlichen Ergebnissen wie die erfolgreiche Hüftendoprothetikversorgung führen.
Autor: OA Dominik Meraner, Schulterspezialist Wien.
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OA Dominik Meraner, Schulterspezialist Wien